Donnerstag, 19. März 2015

Auf dem Heritage Trail

Kaum zu übersehen ist, dass die Nordinsel wesentlich dichter besiedelt ist als die Südinsel. Nicht nur die Maori kamen zuerst im Norden an, auch die europäischen Siedler landeten zunächst hier. Heute erwirtschaftet die Nordinsel 70% des Bruttonlandsproduktes Neuseelands. Allein von den geografischen Voraussetzung ist der Norden deutlich besser für Viehzucht und Landwirtschaft geeignet, mit eher flachen Hügeln und keiner großen Gebirgskette so wie im Süden.

Ausnahmen: Die Vulkane. So wie der Mt. Taranaki ganz im Westen, der bereits von Wanganui aus am Horizont zu erahnen ist. Er liegt inmitten des weitläufigen Weidelandes, nur direkt an seinem Fuss steht noch dichter Farnwald. Vom Aussehen her wird er gerne mit dem Fujijama verglichen - haben wir gehört, denn zu sehen bekommen wir ihn leider nicht. Denn die letzten Ausläufer des Zyklons "Pam" ziehen mit Regenwolken über uns hinweg.

Wir fahren rauf auf den Vulkan und hoffen auf einen der hier üblichen plötzlichen Wetterumschwünge, allerdings vergeblich. Im nächsten Ort, Stratford, machen wir statt der geplanten Wanderung einen netten Nachmittag im historischen Pionierdorf. 



Hier sind alte Häuser der Umgebung in einem Dorf wiederaufgebaut und bieten einen Eindruck in die letzen 150 Jahre. Das Besondere daran: Die Häuser und Geschäfte, sogar das ehemalige Krankenhaus des Ortes sind komplett eingerichtet - bis ins kleinste Detail ist hier der Alltag der ehemaligen Bewohner dargestellt, oft mit Fotos und Zeitungsausschnitten bebildert.


So fügen sich dann Informationen zusammen und ergänzen die Eindrücke, die wir bisher nur im Vorbeifahren gewonnen hatten:
  • Neuseeland hatte schon in den 1920er Jahren Schulzahnärzte, die heute teilweise durch fahrende Praxen ersetzt werden. 
  • Während des zweiten Weltkriegs waren auch hier Fleisch, Butter und Milch rationiert. Nicht wegen Importproblemen, sondern weil die amerikanischen Truppen im Pazifik mit versorgt werden mussten. 
  • Lehrerinnen mussten Sitte und Anstand in den wilden Pionierdörfern hochhalten und durften nicht in Begleitung fremder Herren in Kutschen fahren.

Stratford ist übrigens nicht zufällig so benannt: alle Straßen im Ort tragen Namen aus Stücken von Shakespeare. 


Außerdem gibt es einen sehr schicken, englischen Statdpark, den "King Edward Garden", der uns noch zu einem Abendspaziergang einlädt - leider weiterhin ohne Vulkanblick.

Vor den Toren des Stadtparks ist campen erlaubt, so dass wir einfach stehenbleiben - morgens gibts dann praktische Weise einen Cappuchino vom Bäcker um die Ecke.
Unsere Route führt uns weiter zurück in die Geschichte, über den "Forgotten World Highway" nach Nordosten.


Diese Straße und die parallel verlaufende Eisenbahnlinie ermöglichten die Besiedelung der entlegenen Täler auf einer Strecke von 150km. Ihr Bau dauerte mehrere Jahrzehnte. Heute sieht man hauptsächlich Kühe und Schafe bis an den Horizont.


Ein Highlight ist der zweithöchste Wasserfall der Nordinsel, der erst Anfang des 20.Jh. entdeckt wurde, als ein Schäferhund runterfiel.

Im entlegensten Winkel werden wir vom örtlichen Postboten überholt - wenig später treffen wir ihn bei seiner Mittagspause. Er fährt die Route - 230km hin und zurück - täglich, um alle Farmen mit Post zu versorgen. Er schenkt uns frische Maiskolben vom Feld und die örtliche Wochenzeitung.

Der vergessene Highway entlässt uns nach weiteren Attraktionen wie einem einspurigen Tunnel mit kahlen Felswänden, 12km Schotterpiste durch Farnwälder und einem Halt in der autonomen Republik Whangamomona nach Taumaranui. Hier kommen die Maiskolben in den Topf - und dann in den Bauch.



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